…den Traumjob loszulassen, den du mir zufallen ließt, dann darfst du dich auch um meinen Lebensunterhalt kümmern…

„sagte“ ich zum Leben…, nachdem rund um meinen bisherigen Traumberuf mehr oder weniger alles zusammenzubrechen scheinte – komischerweise genau als ich nach so vielen Jahren das erste Mal Lohn für mich in meiner Individual-Reisefirma erwirtschaften hätte können, da die großen Investitionen endlich alle getätigt waren.
Begonnen hatte es damit, dass sich die Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern zunehmend schwieriger gestaltete:
- Nachdem mein langjähriger Hundeschlitten-Partner und Freund aufgehört hatte Hundeschlittentouren für Touristen anzubieten wollte mir keine vertrauenswürdige Zusammenarbeit mehr zufallen
- Der Service und die Freude meiner „Sami“-Freunde bei ihren Touri-Aktivitäten ließ in dem Maße nach wie sich der Preis erhöhte
- In der Interessenvereinigung (wo ich auch Mitglied war und von der ich die Gästehütten mietete) wehte ein frischer Wind, da der neue Vorsitzende glaubte die ekonomischen Probleme lägen an der Zusammenarbeit mit meiner Firma
- Private Einheimische die ich in die Aktivitäten mit einbezogen hatte konnten gesundheits- oder altersgemäß unsere freudige Zusammenarbeit nicht mehr fortsetzen.
- Zum Teil Mafiamethoden zwischen den durch die Testfahrer-Charterflüge immer mehr werdenden Touristenfirmen
Dazu kam, dass ich, nach damals 13 Jahren Traumjob rund um die Uhr, allmählich eine leichte Müdigkeit verspürte:
- Sommer- und Winterreisen von Weihnachten bis Ende September inkl. Einkauf, Organisation und Durchführung
- Vorbereitung und Durchführung von Diashows, Messen und Märkten von Oktober bis Dezember
- Instandhaltung der Ausrüstung
- Reklame und Buchführung
Der Stein kam ins Rollen als ich Anfang 2006 auf einer ungespurten Schneemobiltour vor meinen Gästen herfahrend mit viel Schwung eine Tiefschnee-Steigung bewältigen wollte und schlagartig von einem Felsen gestoppt wurde, der durch Schneeverwehung nicht zu erkennen war. Dabei krachte ich mit dem rechten Knie gegen den Schalthebel.

Von da an habe ich bei den Touren mit Schmerzen im Knie zu kämpfen – das mir, Leben sei Dank, trotz meines alten Kreuzbandschadens, von 1990 beim Seitenwagen-Motocross, bisher keine Schwierigkeiten machte.
So bitte ich im Mai 2006 um eine medizinische Untersuchung, bekomme aber erst im Oktober im Krankenhaus in Piteå einen Orthopädentermin.
Leben sei Dank bekomme ich noch die Idee nachzufragen, ob es nicht sinnvoll wäre während der langen Wartezeit doch schon mal Kernspinn-/Röntgenaufnahmen zu machen…

Der junge Orthopäde (Wanderarzt) meint nach Betrachten der Aufnahmen, dass das vordere Kreuzband ab wäre – wird sich aber dann wegen der Kniestabilität unsicher. Er schlägt vor Anfang Dezember 2006 eine Arthroskopie zu machen und dabei notwendige Maßnahmen direkt während der Arthroskopie zu ergreifen und dann je nach Zustand des Kreuzbandes entweder eine einseitige- oder beidseitige Knieschlittenprothese einzusetzen!?!
Irgendwie habe ich dabei ein komisches Gefühl – und beschließe auf jeden Fall Ende Oktober zuerst mal mit der Familie zu unseren Eltern in Deutschland zu fahren.

Dort angekommen bekomme ich plötzlich die Idee, wegen der Sache meinen coolen (Arzt-)Freund Manfred in seiner Praxis aufzusuchen. Er ist ein sehr kompetenter Unfallarzt und war mehrfach Reisegast bei mir in Lappland – und wird mich 10 Jahre später, auf meiner China-Radtour, in einem Truckstop im tibetischen Gebirge vor mich hinvegetierend durch seinen Whatsapp-Kontakt nochmals im letzten Moment vor Schlimmerem bewahren.

Nach dem Betrachten der von ihm gemachten Röntgenbilder meint Manfred, es sehe nicht rosig um meine Zukunft als Wildnisführer aus – aber er würde mir empfehlen den extrem kompetenten Kniespezialisten im Krankenhaus aufzusuchen und seinen Rat einzuholen.
Als dieser mich ein paar Tage später untersucht, möchte er mir nicht glauben was der junge Arztkollege im Krankenhaus in Piteå
mir vorschlug, da dies „Wahnsinn für einen mit 42 Jahren jungen Kniepatienten wäre!“ ( – leider kein Inkompetenz-Einzelfall dort!)
Er schlägt mir anstelle eine Knieumstellung vor, die er (als Chefarzt) „für Einen (Kassenpatienten) aus Lappland“ sogar selbst und kostenlos durchführen würde. Aber er mache sich Sorgen wegen meiner beruflichen Zukunft, da ich auf jeden Fall nicht als Wildnisführer weiterarbeiten könne. Auf meine Aussage, dass ich ja zum Glück eine (durch meinen Freund Ludwig seit kurzem sogar gültige) Berufsunfähigkeitsversicherung habe, meint er (wie auch schon Manfred und ein Professor), das könne ich mir abschminken, da der eigentliche Schaden am Knie durch die damals übliche, arthrosefördernde Behandlung des Kreuzbandrisses entstand und es daher drei Lotto-Sechser wären, wenn die Versicherung trotzdem eine monatliche Rente von 750 Euro bezahlen würde!

So liege ich bereits am 6. Dezember mit örtlicher Betäubung auf der OP-Liege und sehe auf dem Monitor zu, wie er zuerst die Arthroskopie durchführt und erfreut feststellt, dass die Außenseite des Knies, wie erhofft, noch in gutem („sogar jungfräulichem“) Zustand ist. Deshalb beginnt er, nach meiner Zustimmung, aufzuschneiden und mit der Säge ein Dreieck aus dem Unterschenkelknochen zu sägen, um diesen zu brechen. Als ich ihn frage ob er immer so schwitzen würde meint er höchstkonzentriert mit Schweißtropfen auf der Stirn: „Nein, aber jetzt verstehe ich, warum ich es selbst machen musste. Ihr Tibiakopf ist dermaßen klein, dass ich fast keinen Spielraum habe, das Dreieck groß genug herauszusägen, so dass die Umstellung später wirklich die total verschlissene Knieinnenseite entlasten kann und damit überhaupt funktioniert! Ich muss dabei so nahe am Knie absägen, dass es für Jemanden der sich nicht so gut auskennt aussieht, als wäre hier ein Pfuscher am Werke gewesen… bitte lassen sie sich in Zukunft von niemandem dahingehend etwas einreden“.
Dankeschön liebes Leben für diesen Engel 🙏
Einen Tag später auf der Station bekomme ich einen Anruf des Mitarbeiters von BHW der ein paar Tage zuvor via Email eine Incentive-Reise für 26 Personen für Anfang Februar 2007 angefragt hatte, die ich wegen meiner prekären Situation natürlich leidee absagen musste. Nun fleht er mich nicht locker lassend, fast weinend an, es doch irgendwie zu versuchen… Mit „Okay – wenn es denn unbedingt sein soll und es ihnen nichts ausmacht einen Reiseführer und Busfahrer mit Krücken zu haben…“, gebe ich schlussendlich nach. Leben weiß und lässt mir sogar eine Idee zufallen, wie die Durchführung der dreitägigen Incentive-Reise mit Hundeschlitten- und Schneemobiltour sowie Besuch der Sami mit Übernachtung in der Zeltkote durchführbar ist. 🙏

Vom Krankenhaus wieder zuhause mache ich mich kurz vor Weihnachten an den Antrag auf Leistungen der Berufsunfähigkeitsversicherung, die ich mit Hilfe eines Mitarbeiters der Versicherungsgesellschaft im Dezember 2003 abgeschlossen hatte. Meine Hoffnung auf Leistungserbringung hält sich natürlich in Grenzen. Zum einen weil es die drei Ärzte für schlichtweg unmöglich halten, und zum anderen weil mein Freund Ludwig (Vermögensberater) Ende 2005 plötzlich/zufällig und fast gegen meinen Willen die Versicherung unbedingt auf Gültigkeit überprüfen wollte – und entsetzt feststellen musste, dass ich mit der niedrigsten Risikoklasse versichert war obwohl mein Beruf die absolut höchste Klasse benötigte!?! Nachdem wir dies der Versicherungsgesellschaft gemeldet hatten, stockte diese meine Berufsunfähigkeitsversicherung ohne Beitragserhöhung vom bis dahin niedrigsten Risikofaktor auf den höchsten auf – nur ein paar Wochen vor dem Schneemobilunfall!
Nachdem die Versicherungsgesellschaft in den nächsten Wochen des neuen Jahres 2007 Informationen bei meinen Ärzten in Schweden und beim operierenden Arzt in Deutschland eingeholt hatte, werden die Berufsunfähigkeitleistungen Ende Februar 2007 anerkannt.
Leben weiß – und kann WUNDERn 🙏
PS: Vom 2.- 4.2.2007 hatte ich (mit Krücken) die BHW-Incentivegruppe als Busfahrer und Guide so gut wie möglich betreut.

ABER!!! Das Leben hat mir deutlich gezeigt, dass die Zeit meines Traumberufes jetzt entgültig vorbei ist – nachdem der Hundeschlittenmann uns versetzt und ein (unverdienter) Incensive-ler die Reisegruppe und ihren Chef durch seine Unverschämtheiten fast verrückt gemacht hatte, sowie danach ein schwedischer Reiseveranstalter mir am Telefon Mafiamäßig gedroht hatte mit: „Du Krüppel, wenn Du nicht aufpasst, solltest Du Dir um Deine Familie Sorgen machen!“

Der mir zugefallene Traum-Beruf durfte also mit deutlichen/m WUNDERn der Herz-Berufung weichen – Leben Du bist der Hammer 🙏💜🙏